Eva Caballé publiziert ihr Foto in einem Blog, der die Marginalisierung von Personen mit MCS in Spanien thematisiert.

Diagnose- Therapieverfahren

Multiple chemische Sensitivität

Dieser Begriff der klinischen Ökologie wurde zuerst von Randolph vor mehr als 40 Jahren beschrieben (Randolph, 1954, 1978). Inzwischen wurde auch der Begriff der Idiopathic Environmental Intolerance (IEI) geprägt, um Phänomene mit multiplen, wiederkehrenden Symptomen zu beschreiben, die mit diversen Faktoren aus der Umwelt der Patienten vergesellschaftet sind, die von der Mehrheit der Patienten problemlos toleriert werden (Wichmann et al., 1992 und Ergänzungslieferungen). „Mittlerweile ist es evident, dass nicht nur Chemikalien, sondern auch Stoffe aus der Biosphäre, wie etwa Schimmelpilze, dieses Krankheitsbild auslösen und/oder unterhalten können“ (Bartram, 2004).

Fallbeispiel

40-jährige Patientin. Beschwerden: bläschenförmiger Hautausschlag, Jucken, Hautrisse, Unverträglichkeit diverser Nahrungsmittel, Schwindelgefühle.
Anamnestisch Verwendung von Xyladecor als Holzschutz im Jahr 1983. Der 1983 geborene Sohn litt in den ersten Lebensjahren unter Hyperaktivität und Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die bis heute bestehen geblieben sind. AK-Test: generalisierte Hyperreaktion. Xyladecor, Xyla, Xydeneu, Lindan, Terpentina jeweils in D6: normoreaktiver Challenge; Histidin: Superchallenge; P5P, Zink, normoreaktiver Challenge.
In der nächsten Sitzung Testung von Luftproben aus der Wohnung und Materialproben. Dabei dysreaktiver Challenge durch Luftprobe im Bad (Holzvertäfelung), dysreaktiver Challenge durch Materialprobe Baddecke und Holzverschalung außen. Begehung durch die Umweltambulanz, die die Empfehlung macht, die Fensterstöcke, die lindanhaltig sein könnten, zu ersetzen und die Holzvertäfelung der Decke abzunehmen. Es erfolgt keine weitere labortechnische Messung.
14 Monate später berichtet die Patientin, dass sie sich seit 14 Jahren nicht mehr so gut gefühlt habe, der Sohn vertrage wieder alle Nahrungsmittel, habe keinen Heuschnupfen mehr. Heuschnupfen der Patientin ist nicht mehr aufgetreten.
Während einer kurzen Episode nach Kauf von Birkenstühlen, die auf den Philippinen hergestellt wurden, erneut Hautausschlag und geschwollene Finger. Die Holzschutzmittelnosoden wie oben testen negativ, Lindan D6 führt erneut zu normoreaktivem Challenge. Antioxidant Formula (Pure Encapsulations): normoreaktiver Challenge. Verordnung: Ersatz der Stühle. Die Symptome verschwinden daraufhin.

 

Auszug aus Kap 14. (Garten, Systemische Störungen, Problemfälle lösen mit Applied Kinesiology, 2007, Elsevier, München)

"Unser tägliches Leben ist geprägt von einer Vielzahl von technischen und chemischen Umweltbelastungen, die dem Einzelnen in der Regel gar nicht bewusst sind. Kaum einer weiß Bescheid über die Vielfalt von Chemikalien aus Zahnersatzstoffen, Medikamenten, Textilien, Baustoffen, Reinigungsmitteln, Trinkwasser, industriell verarbeiteten Lebensmitteln, aber auch aus natürlicher Nahrung, durch Rauchen und Abgase von Verkehr, Industrie und Heizung. In hoch technisierten Industrienationen gibt es inzwischen mehr als 100 000 Chemikalien, mit denen man Kontakt haben kann. Maximal ein Zehntel davon ist gut untersucht. Die Auswirkungen, die diese Substanzen in Kombination miteinander haben können, sind kaum bekannt. Mykotoxine in der häuslichen Umgebung und auch in der Nahrung sind eine weitere Belastungsmöglichkeit. Letzteres wird, auch durch ein WHO-Projekt, inzwischen intensiv beforscht.
Die aufgeführten Belastungen werden von den allermeisten Menschen normalerweise mehr oder weniger gut toleriert. Nach Bartram (2004) muss der Mensch erhebliche Fähigkeiten besitzen, sich bei chronischen, meist Langzeitexpositionen gegenüber Schadstoffen unterschiedlicher Art kompetent regulatorisch/kompensatorisch zur Wehr zu setzen, u.a. über eine genetisch festgelegte hochleistungsfähige Entgiftungstätigkeit (Phase I und Phase II des menschlichen Detoxifikationssystems), wobei es in immer häufigeren Fällen zu permanenten Überforderungen kommt.
Bei entsprechender individueller Veranlagung und Befindlichkeit können aber starke Einzelbelastungen oder die summierende Kombination mehrerer Schadstoffe durch Überforderung der Entgiftungsmöglichkeiten des Organismus zum Ausbruch chronischer Erkrankungen, speziell auch einer Multiplen chemischen Sensitivität, beitragen. Eine gerade veröffentlichte Studie von Bauer, Martens et al. (2004) am Fachkrankenhaus Nordfriesland stützt die Hypothese, dass bei Vorliegen zusätzlicher Vulnerabilitätsfaktoren eine geringere Schadstoffmenge ausreicht, um ein ähnliches Krankheitsbild zu erzeugen wie bei hoher Schadstoffbelastung ohne zusätzliche Vulnerabilitätsfaktoren.
Der sog. „spreading effect“ führt dazu, dass bei erst einmal eingetretener Überempfindlichkeit gegen eine Chemikalie sich die Sensitivität eines Individuums rasch auf andere Substanzen ausdehnt mit gleichzeitig erhöhter Empfindlichkeit auf minimalste Dosen des auslösenden Agens (Kapuste und Schlett, 1995). Der Spreading Effect wird nach Heine (1997) durch den „Sammeltopf“ Grundsubstanz verursacht (s.u.).
Autoimmunkrankheiten, ererbte Veranlagung, Belastung mit Schwermetallen (Amalgam, Gold, Palladium), Dysbiosen oder chem. Verbindungen (Dioxine, PCP, Pyrethroide, Formaldehyd etc.) sind disponierende Faktoren ebenso wie die Einwirkung von elektromagnetischen Feldern (die eine Modifikation von sterischen Molekülkonfigurationen bewirken können mit Eingriffen an Form und Komplexität von Molekülen). Am Beispiel der Organophosphate wird deutlich, dass Vergiftungsfolgen oft erst Monate und Jahre nach einer akuten Exposition auftreten, die gelegentlich auch nur subakut oder kurzzeitig sein kann.
Da im Gehirn keine Nervenzelle weiter als 50 m von einer Kapillare entfernt ist, können sich die Schadstoffe im gesamten Gehirn ausbreiten, die Gesamtdiffusionszeit in den Interzellularräumen beträgt nur ca. 10–20 Sekunden (Schwinger, 2001). Bei vorgeschädigtem Endothel ist die Blut-Hirn-Schranke dabei unwirksam! Für manche Substanzen ist sowieso die Hirn-Nasen-Schranke über den N. olfactorius durchlässiger als die Blut-Hirn-Schranke.
Nach dem Konzept der subklinischen Neurotoxizität scheint bei vulnerablen Patientengruppen die Schwellenkonzentration für toxische Effekte bei einem Zehntel bis einem Zehntausendstel der gültigen Grenzwerte zu liegen. Bei solchen Patienten kann sich offenbar jede noch so kleine anfängliche Abweichung systemisch entfalten, bis sie das Geschehen vollständig dominiert. Miller (1999) fanden deutliche Hinweise für einen giftstoffinduzierten Toleranzverlust gegenüber chemischen oder toxischen Substanzen (TILT, toxicant-induced loss of tolerance). Unter diesen Gesichtspunkten wären psychische Veränderungen als sekundäre Folge der neuropsychiatrischen Effekte zahlreicher organisch-chemischer Substanzen, von Pestiziden und Schwermetallen usw. zu werten und nicht primär zu konstatierendes Symptom einer spezifischen psychischen Reaktionsweise. Nach dieser Theorie führt ein initiales Expositionsereignis bei veranlagten Personen zum Verlust der spezifischen Toleranz. Der sensibilisierte Patient ist in der Folgezeit auch gegenüber Exposition mit niedrigen Dosen toxischer Substanzen empfindlich. Er reagiert schließlich auf immer mehr Substanzen mit Symptomen im Sinne einer Triggerung, was zu einem Maskierungseffekt führt. Der ursprüngliche Auslöser ist nicht mehr erkennbar mit der Folge von massiven Ängsten vor entsprechenden Stoffen.
Im manifesten MCS-Syndrom führen somit viele Stoffe, bei nicht sichtbaren oder nicht messbaren Veränderungen, zu einem Leben mit erheblich reduzierter Lebensqualität. Das Krankheitsbild wirkt in gewissem Sinne wie eine Suchterkrankung lebensbestimmend und kann das lebenswerte Leben auf das Äußerste limitieren. Ab einem bestimmten Punkt ist im Einzelfall weder verstandes- noch gefühlsmäßig der Ablauf erklärbar oder nachvollziehbar (Germann, 2001). Zur Bewältigung der hohen Stresslast durch diese Faktoren muss immer mehr Energie aufgewendet werden, als wenn der Betroffene gesund wäre. Zur Aufrechterhaltung der Homöostase müssen andere Stoffwechselvorgänge herunterreguliert werden, Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit fallen ab, was eine Beziehungen zum Chronic-fatigue-Syndrom herstellt.
Der hohe Energieverbrauch kann indirekt durch Überprüfung der Grundregulation erfasst werden (Dekoderdermographie, abnorme Werte für T-Lymphozyten, Eosinophile, Komplement, IgG u.a.). Nach Rea (1996) können Chemikalien in Umwelt und Nahrung Auslöser von Herzrhythmusstörungen, Venenentzündungen und Vaskulitis sowie weiteren Herz-Gefäß-Erkrankungen darstellen. Ein großes Problem bei der Diagnostik ist der meist schleichende Krankheitsbeginn über Monate bis Jahre mit unspezifischer Symptomatik. Nur eine akribische Anamnese kann hier helfen, mögliche Ursachen einzugrenzen.
Die Stellung der Diagnose eines MCS ist nach Schwarz (1997) häufig der Schlüssel für die erfolgreiche Behandlung von Erkrankungen wie Asthma bronchiale, Hypertonie, Autoimmunerkrankungen und funktionell neurologischen Störungen. Leider werden Krankheitssymptome von umweltbelasteten Patienten von vielen Ärzten und Gutachtern nicht anerkannt, geleugnet oder verharmlost. MCS-Patienten werden deshalb häufig gesellschaftlich isoliert und als psychisch krank abgestempelt.
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Die Multiple chemische Sensitivität scheint also oftmals das Endprodukt sich aufsummierender Ereignisse und das Resultat einer Mischbelastung zu sein. Wegen der teilweise erheblichen Beeinträchtigungen kann im Interesse der Patienten nicht gewartet werden, bis die Zusammenhänge schulmedizinisch wissenschaftlich abgesichert sind."

Was ist zu tun?

Die Diagnostik der Einflüsse von Schwermetallbelastungen, chemisch toxischen Belastungen (Pestizide, Formaldehyd u.a.m.) von Dysbiosen des Darmes, von Allergien und Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln ist notwendig.
Wir suchen speziell nach Candida-Dysbiosen, Parasiten (Einzeller wie kleine Amöbensorten etc.) und krankmachenden Bakterien.
Die Therapie besteht in Elimination der Schwermetalle mit Chelatbildnern und chemischen Schadstoffen u.a. mit Paraffinöl, Darmsanierung, Ernährungsumstellung, Darmheilkur, Orthomolekulare Therapie, Homoöpathie, NLP bei psychosomatischer Mitbeteiligung.